Scharf, aber herzlich

Kann man Chilis ernsthaft verkosten, beschreiben und bewerten? Warum nicht!

Wir beschäftigen uns als ausgebildete Food- & Beverage-Sensoriker seit über zwei Jahrzehnten täglich mit der Qualität unserer Ernährung. Durch regelmäßiges Training von Geschmack und Geruch ist es möglich, die eigenen Geschmacksnerven aktiv zu halten, um damit einen objektivierbaren Gesamteindruck eines Lebensmittels zu erkennen und auf Papier zu bringen. So ist es natürlich auch möglich, Chilis zu verkosten und zu beschreiben. Abgesehen davon, dass Chilis nicht zwingend brennend scharf sein müssen, punkten sie vor allem mit unglaublichen, intensiven Aromen, mit denen sonst kein anderes Gewürz oder Gemüse aufwarten kann.

Dazu ein persönlicher Tipp zum Chiliverkosten - für alle, die es selbst probieren wollen: Es macht durchaus Sinn, vorab zu wissen, welche Sorten man verkostet ;-) Wir erinneren uns noch zu gut an den Sommer 2019, als wir über 50 verschiedene Chilisorten für unser Kochbuch ALLES CHILI verkosteten, an dem wir damals schrieben. Ein Bekannter gab uns einige Kostproben aus eigenem Anbau mit auf den Weg - mit dem Hinweis, dass er nicht bei allen Schoten einschätzen könne, welche Sorten im Detail dabei seien. So trafen wir bei der Verkostung dieser Chilis auf eine Naga Viper, seit 2011 eine der mit Abstand schärfsten Chilis der Welt. Selbst die kleine, sehr vorsichtig dosierte Menge, die wir zu uns nahmen, verursachte ein derartig heftiges Brennen, dass ... Hier jedenfalls die Kostnotiz dazu: Im Geruch frisch-fruchtig-grasig, zart säuerlich nach grünem Apfel mit hellem Weingartenpfirsich, intensiv und lang anhaltend. Im Geschmack anfangs parfümiert aromatisch, zunehmend saftiger Pfirsich; Schärfe baut sich verzögert auf, wird dann brutal heiß und geht über die Grenze des Erträglichen; unangenehm metallisch, fett, hart, kantig; erinnert an den Biss einer Schlange, zumindest in den eigenen Vorstellungen.

Don't worry, natürlich geht es beim Verkosten und Bewerten von Lebensmitteln wie der Chili nicht immer so scharf zu! Vor allem die Chili bietet weltweit ein derart breites Spektrum an Sorten und Schärfegraden, dass es für jeden Gaumen die passende Variante gibt. Selbst für Kids gibt es mittlerweile mit eigenen Züchtungen wie der NuMex Suave Sorten ohne Schärfe, aber mit voller Aromatik. 

Hier daher unsere Empfehlung an Chilisorten, die man ohne große Schärfeprobleme perfekt in den kulinarischen Alltag integrieren kann. Eine gesegnete Schärfe wünschen Simone J. Taschée & Klaus Postmann

Lemon Drop

  • Alternative Bezeichnungen: Hot Lemon, Ají Limón
  • Herkunft: Südamerika
  • Schärfegrad: 7 von 10+
  • Kostnotiz: Spritzig, fruchtig, zitronig mit animierender Grapefruit und grasiger Kiwi, ein Hauch von Wacholder, frische Schärfe schon in der Nase wahrnehmbar, der Geschmack ist knackig-saftig mit zitroniger Frische, gelber Birne und sattem Apfel. Die fruchtige, feste Schärfe kommt betont verzögert und hält sich mittellang.

Cayenne

  • Alternative Bezeichnungen: Cayennepfeffer
  • Herkunft: Südamerika
  • Schärfegrad: 8 von 10+
  • Kostnotiz: Frisch-fruchtiger Geruch nach üppigem Tomatenmark und roter Paprika, harmonisch würzig und saftig mit leicht rauchigem, zartbitterem Aroma, geschmacklich sämig, cremig, samtig mit rotfruchtiger, rauchiger Aromatik. Die ruhige, elegante Schärfe tritt verzögert ein und hält sich mittellang.

Jalapeño

  • Alternative Bezeichnungen: --
  • Herkunft: Mexiko
  • Schärfegrad: 5 von 10+
  • Kostnotiz: Elegant, feinfruchtig und grasig-grünlich im Geruch, satte, frische Paprikanoten mit zartem Mandelaroma, knackig-frisch mit gut eingebundener, mittlerer Schärfe, apfelig mit roter Frucht, breit und warm, dickes Fruchtfleisch. Die fruchtige, feste Schärfe kommt betont verzögert und hält sich mittellang.

Piment d'Espelette

  • Alternative Bezeichnungen: Gorria
  • Herkunft: Europa
  • Schärfegrad: 4 von 10+
  • Kostnotiz: Fruchtig-süß bis intensiv pikante im Geruch, mit typischer fein-tabakiger Note, sehr milde Schärfe, ohne aufdringlich zu wirken, zunehmend zarte Vanille, erdnussig und sanft, im Geschmack erdig-füllig, blumig-fruchtig mit breiter Cremigkeit und betörender floraler Würze, rote, mediterrane Wärme. Die fruchtige, feste Schärfe kommt betont verzögert und hält sich mittellang.

Cascabel

  • Alternative Bezeichnungen: Kirschpaprika, Cherry Sweet, Red Cherry Hot, Cherry Bomb, Peperoncino Ciliegia, Bola Chili, Chile Bola, Cascabel
  • Herkunft: Europa
  • Schärfegrad: 1-4 von 10+
  • Kostnotiz: Im Geruch krischig-weichselig mit angenehm säuerlichem Fruchtspiel, süßlich-nussig mit zart-rauchigen Noten, saftiges Fruchtfleisch schon in der Nase wahrnehmbar, typische Paprikaaromen, kompottig-fruchtig im Geschmack mit sattem Fruchtfleisch und üppiger Birne, zarte Exotik mit versteckten, rauchigen Anklängen. Die ruhige, elegante Schärfe tritt betont verzögert ein und hält sich mittellang.
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